Einspruch, Euer Ehren! Physiker dürfen das wirklich!

Zu meinen Zweifeln an der physikalischen Theoriebildung haben mich Kommentare aus der einschlägig bewanderten Verwandtschaft (sozuagen der Bewandertschaft) erreicht. Mein Onkel Norbert Herrmann hat mir dankenswerterweise gestattet, seinen Kommentar hier zu veröffentlichen:

Hallo,

bevor sich die Missverständnisse noch weiter aufbauen, ein paar Worte zur Klarstellung bezgl. Konrads physikalischen Fragen und Antworten:

Viele werden sich aus der Schule noch an die Funktion f(x) = 1/x erinnern. Geht man für positive x gegen 0, so strebt der Wert der Funktion nach +unendlich. Setzt man negative Werte ein, so strebt bei Annäherung an 0 die Funktion nach -unendlich. Wir sagen daher in der Mathematik, dass diese Funktion im Nullpunkt singulär ist, sie hat im Nullpunkt eine Singularität.

Genau so verhält es sich mit den sehr komplizierten Differentialgleichungen, die Physiker zur Beschreibung der Welt verwenden. Die Lösung dieser Gleichungen hat leider bei -14.8 Millarden, dem vermuteten Ursprung, eine Singularität. Das bedeutet, die Lösung lässt sich auf diesen Anfang nicht anwenden, dort gibt es aus dieser Theorie  keine Aussage.

Das bedeutet nicht, dass die Physik falsch ist (oder gar die Physiker Dummköpfe!), sondern es sagt uns lediglich, dass die mathematischen Modellgleichungen nicht vollständig genug sind, um diesen Ursprung zu beschreiben. Deine Annahme, lieber Konrad, dass die Welt damals ein Punkt war, hast Du ja selbst durch Deine Überlegung widerlegt. Der Anfang ist leider noch unklar.

Das hat es schon immer so gegeben. Der Weg vom Rutherfordschen Atommodell über das Bohrsche Modell bis zu Schrödinger und Heisenberg ist genau so verlaufen, dass das mathematische Modell ständig verbessert werden musste, weil es in bestimten Bereichen nicht aussagekräftig war.

Und so suchen heute die Physiker im Verein mit Mathematikern nach besseren Modellen. Man vermutet, dass die Stringtheorie hier helfen kann, vielleicht auch eine M-Theorie, auch Symmetrie-Theorien werden betrachtet. Aber das ist alles sehr, sehr schwierig. Wir müssen die Zukunft abwarten. In meinem neuen Buch ‚Mathematik und Gott und die Welt‘, das am 1. Dez. auf den Markt kommt, habe ich auch zu diesem Themenkomplex einiges beigetragen und habe eine vielleicht überraschende Antwort auf die Frage: Was war eigentlich vor dem Urknall?

So ist es auch mit der Gravitation. Wir erleben doch gerade, dass Peter Ware Higgs für seine Vorhersage des Higgs-Teilchens vor 50 Jahren heute den Physiknobelpreis erhält. 50 Jahre hat das gedauert. Ein Teilchen zur Bestimmung der Gravitation wird erst seit ca. 10 Jahren experimentell gesucht. Geben wir den Physikern doch eine Chance und fragen in 40 Jahren, was sie gefunden haben.